Mittwoch, 30. Oktober 2013

Ende der Spieß-Partei


Noch einmal die Grünen. In seiner Kolumne für Spiegel-Online erläutert Jan Fleischhauer, die Grünen machten nun Schluss mit der Verbieterei. Das spießige Image sei schuld, so die Diagnose der grünen Bössin, am schlechten Wahlergebnis.

Bei den nächsten Wahlveranstaltungen werden nun wohl Bockwürste statt Rosen verteilt, die neue Grünen-Spitze schließt Werbeverträge mit der Tabakindustrie. Für eine Partei, so Fleischhauer, sei es tödlich, als Spießerpartei zu gelten. Warum eigentlich? Ist der enge Horizont wirklich ein Problem für einen Politiker? Könnte man fragen. Also, der enge Horizont als Image.

Ganz bestimmt richtig ist: Das elende Verbieten-wollen hat den Grünen geschadet. Da hatte Rainer Brüderle ein letztes Mal Oberwasser, als er Trittin genüsslich Dampf unterm Kessel machen konnte: Er esse, was er wolle, wie er wolle, wann er wolle und – daran habe ich nie gezweifelt – so viel er wolle. Ganze Büffelherden sah ich vor meinem geistigen Auge, wie sie bereitwillig für Brüderle sich grillen ließen.

Aber das spießige Image? War das wirklich ein Problem für die Grünen? Nicht jede Kanzlerin mit einem etwas spießigen Image muss bei ihrer Wiederwahl scheitern. So lange der Horizont enger wurde, die propagierten Lebensmodelle immer gleichgerichteter, so lange, schien es, die Grünen profitieren davon. Was man nicht gutheißen muss. Aber erst als die Idee aufkam, das schöne grüne Leben mithilfe einiger Gesetze nun allen zu schenken, erst dann kam die Kritik.

Winfried Kretschmann, der baden-württembergische Ministerpräsident, scheint alle, auch mich, zu widerlegen. Sein Image ist etwas zu spießig, was ihm offenbar bei der Wahl nicht geschadet hat. Einen Spießer würde ich ihn aber nicht nennen wollen, einen begrenzten Horizont nicht andichten. Bei einem Politiker ist die Frage der Spießigkeit demnach kompliziert: Es gibt das Verhältnis von Innerem und Äußerem. Das ist immer wieder Thema hier im Blog. Wie lässt sich – oder auch nicht – vom einen auf das andere schließen. Für die Politikerin ist das Äußere aber Teil der Imagekampagne.

Fleischhauer behauptet, wir wollen die ewige Jugend, was heißt, die ständige Rebellion – und trotzdem im Establishment ankommen. Das wäre Joschka für alle. Stimmt das? Viele der letzten Wahlsiege, Merkel, Seehofer, Kretschmann, lassen doch auf etwas anderes schließen: Je biederer, desto lieberer.

Meine Empfehlung als Imageberater der Grünen lautete: dezente Spießigkeit. Nicht gleich die Bionade-Flasche werfen, wenn ihr einen Biertrinker auf einem öffentlichen Platz erwischt.

Ach so, nein, mein Wunsch ist das nicht. Auch der dezent zur Schau getragene, enge Horizont steht dem modernen Politiker, finde ich, nicht.

1 Kommentar:

  1. Kennst Du eigentlich den neuen Blogger-System Anbieter qwer com ? Ich würde mich sehr über eine Antwort auch per Email von Dir freuen. Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg mit Deinem Blog

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