Erneut
fühle ich mich genötigt, mein Blog zu verteidigen. Nun werden ganze Bücher
verfasst, die offenbar direkt die Bedeutung meines Blogs herabsetzen wollen. Harry
Luck hat ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Wie spießig ist das denn? Warum
Filterkaffee, Kurzarmhemden und Pauschalurlaub uns trotzdem glücklich machen“.
Nein, das Buch habe ich nicht gelesen, nein, ich werde es auch nicht lesen. Ein Interview mit ihm in der Stuttgarter
Zeitung hat mir gereicht. Vollkommen.
Nun
ist es schon einmal recht interessant zu wissen, dass hier ein katholischer
Krimiautor sich aufschwingt, das Spießertum endgültig zu rehabilitieren. Wer
denn sonst? Mag ihm vielleicht ein Schlagersänger mit Jagdschein noch zur Seite
springen?
Ach,
schön wäre es gewesen, Luck hätte sich über den Typus des Spießers ein wenig
mehr Gedanken gemacht bevor er begann, das Buch zu schreiben, oder spätestens am
Tage bevor er der Stuttgarter Zeitung
ein Interview gab, um es zu vermarkten. So jedenfalls mein Eindruck. Luck erläutert:
„Der intelligente Spießer zeigt ein gesundes Selbstbewusstsein gegen den Trend
und die Marschbefehle der Hipster und Modepäpste.“ Aber, Herr Luck, dann ist er
doch keiner. Sie wollen den Spießer mit Reflexion, mit Toleranz, mit ordentlichem
Selbstbewusstsein, einen Spießer gegen den Mainstream. Ja, bitte, den nehme ich
gerne. Aber müssen wir den denn Spießer nennen? Mögen Sie kurzärmlich glücklich
werden, ich bin sicher, das geht. Mit Ihrem Selbstbewusstsein, meine Güte.
Aber
nie, nie, nie ging es in letzter Konsequenz um die Anzeichen des Spießertums.
Der Spießbürger kann sich über bestimmte Zeichen als Spießbürger verraten, mehr
nicht. Ja, der Meinung bin ich auch: Filterkaffe macht weder unglücklich noch nimmt
der Trinker am Morgen geistigen Totalschaden. Er wird wach. Das macht der
Kaffee, Herr Luck, viel mehr kann selbst die stärkste Brühe nicht bewirken.
Die
eigentliche Stoßrichtung von Luck ist eine ganz andere. Er sagt: „Mein Buch ist
ein Appell an Eierlikörtrinker und Kurzarmhemdträger, sich zu den Dingen zu
bekennen, die sie gerne tun, ohne sich zu schämen.“ Genau. Etwas tun zu können,
das irgendwie verpönt ist, ohne sich schämen zu müssen. Aber das hat mit
Spießigkeit nur am Rande zu tun. Da fielen mir auch andere Dinge ein, die
irgendwie verpönt sind und für die man sich schämen soll in unserer
Gesellschaft. Wer sich nach dem Toilettengang nicht die Hände wäscht
beispielsweise, der tut etwas Verpöntes. Und er schämt sich möglicherweise,
vielleicht aber auch nicht. Nun gibt es offenbar Dinge, für die Herr Luck sich
schämt, weil sie in dem Ruf stehen, spießig zu sein. Die Scham soll weg. Damit
schafft er aber nicht das Spießertum ab. Der Spießer hat diese Probleme
doch gar nicht. Wer schämt sich denn für seinen Jägerzaun? Also bitte.
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