An Zäune gibt es, vielleicht gerade in Deutschland, grässliche Erinnerungen. Was auf der einen Seite Schutz versprechen soll, ist auf der anderen Seite eine Androhung. Der Jägerzaun stellt sich dagegen friedlich in den Weg, er hat diesen historischen ‚Ballast‘ nicht zu tragen. Hinter einem Jägerzaun sperrt man niemanden weg, er sichert keine Grenzen. Er ist offenbar das harmlose Familienmitglied der Zäune, die in unzähligen Varianten auf dem Land, im Dorf und in der Stadt im Einsatz sind.
Man muss schon ziemlich
weit in der Geschichte zurückgehen oder von Europa aus einen großen Schritt
machen, um auf zaunlose Kulturen zu stoßen. Für Nomaden wären Zäune hinderlich
gewesen, sie wären beim herumnomadieren ständig gestolpert. Auch im
brasilianischen Urwald ist der Zaun ein exotisches Bauelement und genauso in
der Steinzeit, in der die Jagd- und Sammelvereine keine Jägerzäune brauchten.
Sesshaftigkeit scheint eine Vorbedingung für den Zaun zu sein.
Dort, wo die Menschen sich
niederlassen, ziehen sie einen Zaun. Von Anfang an ist der Zaun tatsächlicher
Schutz und zugleich ein Zeichen. Er grenzte den Garten ab vom Nachbargarten, oder
er sicherte die Grenzen einer ganzen Gegend als ‚lebendiger Zaun‘, was man
heute eher Hecke nennen würde. Ein großer Palisadenzaun oder eine dichte Hecke
konnten durchaus eine Räuberbande zurückhalten oder den zu eiligen Prinzen, bevor
die hundert Jahre um waren, vom Dornröschenschloss.
Eine Hecke, wie man sie in der Eifel oft noch sieht: sehr hoch! Bild von Stefan Heinz auf Wikimedia.
Der kleine Zaun am Garten
schützte eher das Gemüse vor den Tieren – und zeigte zugleich den Besitz an. Hier
gehört auch der Jägerzaun hin. Der Fürst, der in einem Wald einen hohen
Wildbestand förderte, um dann und wann eine aussichtsreiche, frustfreie Jagd
veranstalten zu können, bereitete den Bauern damit Probleme. Die Felder wurden
abgefressen. Unser Fürst erlaubte im Gegenzug den Bauern, Holz kostenlos im
Wald zu schlagen, um die Felder vor dem Wild zu schützen: Jägerzäune
entstanden, die sich, faltbar wie eine Ziehharmonika, gut transportieren
ließen.
Nun muss man sich diese
ersten Jägerzäune wohl etwas höher vorstellen, denn, nun ja, welches Wildtier
schreckt vor den üblichen sechzig Zentimetern zurück? Ein Reh dürfte diese Höhe
springend bewältigen können. Der Jägerzaun hat aber in den meisten Vorgärten
gar keine Schutzfunktion mehr, nur eine symbolische. Und vielleicht ähnlich wie beim Spießbürger tritt die symbolische Funktion in den Vordergrund, wenn die
ursprüngliche in den Hintergrund tritt. Wildtiere kommen zwar wieder in Städten
vor, aber der Jägerzaun schützt nicht vor ihnen. Man braucht ja auch gar keinen
Gemüsegarten, nicht einmal einen Garten, um einen Jägerzaun vor das Haus zu
setzen. Er zeigt nur an: hier meins.
Kein Spießbürger weit und breit: der Paradiesgarten. Bild "Das Paradiesgärtlein", ca. 1410, Frankfurter Städel, Quelle: Wikimedia.
Quellen: Art. Jägerzaun, auf Wikipedia.
Art. Zaun, in: Jacob u. Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch.
Daniel Kufner: Zaunkultur – eine künstlerische Bestandsaufnahme, auf http://www.ecotopics.de/ecopics/zaunkultur.pdf
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