Kürzlich stand
es in der ZEIT: die Grünen „schauen sich bei ihrer eigenen Verspießerung zu“.
Die Grünen als Spießer, ganz neu ist das nicht mehr, aber sobald ich es mir vor
Augen führe, überrascht es mich doch. Sobald ich mich für einen Moment an die
Geschichte der Grünen erinnere. Und ich meine gar nicht die ersten Reihen der grünen
Ahnherren, die noch mit ein paar handlichen Wurfsteinen in den Hosentaschen bis
ins Außenministerium stürmten. Soweit denke ich gar nicht zurück. Ich denke an
Hans-Christian Ströbele, 2002, auf der Hanfparade. So habe ich die Grünen
kennengelernt. Das sind meine ersten Assoziationen, wenn ich an politische
Ziele der Grünen denke. Ströbele, der damals die 60 schon überschritten hatte,
schreit die Freiheit für das Hanf heraus, das musste wohl ein politischer
Gefangener sein, und auf der Straße wurde für seine Freilassung demonstriert.
Und zehn Jahre
später: Hanf wurde nicht in die Freiheit entlassen, nein, Rindfleisch und
Nikotin sollen ebenfalls gefangengesetzt werden. Das sind die Grünen kurz vor
Bundestagswahl 2013.
Hätte man
zumindest für die Veggie-Days den legalen Cannabis-Konsum in Aussicht gestellt,
die Grünen ständen heute besser da. Nun soll verboten werden, was stört. Gute
Gründe gibt es natürlich immer: Massenzigarettenhaltung in zu kleinen
Schachteln, Passiv-Fleisch-Konsum – ich kenne mich da nicht so gut aus. Aber
ja, Gründe gibt es immer.
Nicht, dass
das zu Verwirrungen führt – das ist nun nicht unbedingt spießig. Nicht jeder,
der gegen irgendetwas ist und nicht für alles, ist ja Spießer. Aber alles
mit kleinen Verbotsschildchen zu versehen, alles auf eine Lebensanschauung hin
umbiegen – das sind doch starke Anzeichen für die Verspießerung der Grünen.
Und einer
zweiten Verwirrung soll vorgebeugt werden. Aus Sicht dieses Blogs muss nicht
besonders vor den Grünen gewarnt werden, als wären hier die Spießer zu finden
und sonst nirgends. Als sei das grüne Parteibuch der Neo-Bausparvertrag. Ich
betreibe nun drei Minuten Feuilleton-Wissenschaft, um das abschließend klarzustellen:
Google-Treffer
für…
‚Angela
Merkel‘ und ‚spießig‘: 97.200
‚Philipp
Rösler‘ und ‚spießig‘: 93.700
‚Peer
Steinbrück‘ und ‚spießig‘: 23.100
‚Claudia Roth‘
und ‚spießig‘: 10.200
‚Gregor Gysi‘
und ‚spießig‘: 5.000
Claudia Roth
hat vor einer Woche ein Interview gegeben zu diesem Vorwurf, die Grünen
würden immer spießiger. Das Interview ist kaum Rede und Antwort wert. Denn die
Claudia hat sogar selbst nen Gartenzwerg, was dann offenbar beides belegen
soll: Ein Gartenzwerg ist nicht spießig und die Grünen sind nicht spießig. Bemerkenswert
vor allem, dass ausgerechnet die taz
dieses Interview mit Frau Claudia Roth führte. Die taz,
die vor ein paar Jahren um den Neo-Spießer warb und nun – ganz subversiv –
Claudia Roth als Spießerin entlarven will. Den Spießer, so meine Erkenntnis aus
dem Interview, will die taz doch
nicht mehr. Also vielleicht als Leser noch, aber nicht als amtierende Politikerin.
Quellen: Die ZEIT, vom 05.09.2013
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