Nun habe ich den Traum vom Topmodeldasein mitgeträumt, den Traum einer Professur oder den Traum eines erfolgreichen Bloggers. Bei so vielen Träumereien könnte man ja gleich bei Paulo Coelho weiterlesen, oder nicht?
Coelho, dieser
Erfolgsautor, der keine Gelegenheit auslässt, sich zu echauffieren, dass
Erfolgsautoren nicht so richtig anerkannt seien, weil immer wer daherkomme und
behaupte, das sei nun zu platt gewesen. Allein der Erfolg mache sie verdächtig.
Dabei sei er, das darf man wohl folgern, nicht bloß unfassbar erfolgreich,
sondern auch unfassbar toll. Hört man da Häme aus meinen Worten? Das kann dann
ja bloß Neid sein. Denn natürlich würde ich meine hundert treuen Blog-Leser
gegen Coelhos Weltpublikum eintauschen – das ist dem Erfolgsverwöhnten ganz
selbstverständlich.
Coelho, der
seine Träume erfüllt hat und nun diese Erfolgsträume unter die Menschen streut,
wie ein Blumenkind. Was soll ich sagen? Kaum ein Buch ist mir mehr zuwider als
„Der Alchimist“. Es gibt sicherlich Bücher, die mir mehr zuwider wären, hätte
ich sie gelesen, aber unter den von mir gelesenen Büchern nimmt der Alchimist
eine besondere Position unter den Widerwärtigkeiten ein. Es ist verlogen!
Roger
Willemsen fragte einmal Madonna, was denn ihre Botschaft für die Menschen sei.
Sie habe gesagt, die sexuelle Befreiung. Er fragte zurück, ob sie auch eine
Botschaft für die Impotenten habe. – Das Interview lief dann nicht so gut
weiter, aber es war ja alles Wesentliche gesagt.
Genau das ist
mein Problem mit Coelho. Es würde die Phantasie Kierkegaards in den banalsten
Kehricht herunterziehen, wenn man DAS daraus lesen würde: Träume – und du wirst
dein Glück finden! Und greif zu, wenn der Traum sich erfüllen will! Dann
verschlaf das nicht! Was dürfen wir bei Coelho lesen? Das ganze Universum helfe
kräftig mit, um meine Träume zu erfüllen, ich muss mir das nur richtig
wünschen. Nun sollte man vielleicht über seinen Jägerzaun hinaus Träume haben,
aber dann nicht im erstbesten esoterischen Quark steckenbleiben. Kierkegaards Phantasie
weiß, dass sie unerfüllt bleiben kann, wie überhaupt ein Hang zu Realitätsferne
nicht Sinn und Zweck dieser Phantasie ist.
Warum rege ich
mich eigentlich auf? Wäre es nicht umso verlogener von Coelho, wenn er über
scheiternde Menschen schreiben würde? Wer soll ihm das abnehmen? Ihm, der den
Erfolg in allen Farben und Formen, von allen Seiten, von vorne wie hinten,
kennengelernt hat?
Es ist auch
die Ratgeberei, die mich anwidert. Ausgerechnet von einem so überaus erfolgreichen
Menschen will ich keine Ratschläge hören. Lieber die Scheiternden! Nietzsche,
Kafka, Jesus Christus: Eure Lebensratschläge höre ich gerne!
„Der wahre Weg
geht über ein Seil, das nicht in der Höhe gespannt ist, sondern knapp über dem
Boden. Es scheint mehr bestimmt stolpern zu machen, als begangen zu werden.“
(Franz Kafka)
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