Über Germanys Next Topmodel wird sehr viel dummes Zeug geschrieben. Gestern war das Finale, ein hübsches Mädchen namens Stefanie hat gewonnen. Da wird auf der Berliner Morgenpost behauptet, man könne den Namen gleich wieder vergessen. Die verschwinde sowieso wieder von der Bildfläche und die Zweit- und Drittplatzierte hätte man bis zum Ende kaum auseinanderhalten können.
Sapperlot, da
leidet aber jemand unter einem schlechten Gedächtnis für Namen. Und ein genauer
journalistischer Blick ist auch etwas anderes. Da braucht man keine ganze
Staffel, da reicht ein Hingucken – und ja, man kann die Beiden auseinanderhalten.
Ich kopiere mal zwei Bilder hier ein. (Oh weh, das sollte rechtlich ein
Bildzitat sein, um eine Aussage zu belegen, außerdem zeitnahes Ereignis und was
weiß ich was noch, was man halt so in drei Minuten an rechtlichen Aussagen zu
Bildrechten zusammenbekommt.)
Jolina, Quelle: Pro7
Ivana, Quelle: Pro7
Aber was
unterstellt Frau Hildebrandt denn damit, dass man den Namen dieser Stefanie
gleich wieder vergessen könne. Ja, trivialerweise hat sie Recht: Ich kann den
vergessen. Ich kenne aber überhaupt kaum zehn Namen von irgendwelchen Models –
und bei einigen bin ich mir wahrlich nicht sicher, ob die noch auf einem
Laufsteg zu finden sind. (Twiggy, modelst Du eigentlich noch oder habe ich Dich
nur mal auf einem alten Foto gesehen?) Ich habe de facto fast alle Namen von
Models, ob erfolgreich oder nicht, wieder vergessen. Wenn der Satz aber heißen
soll, dass man den Namen wieder vergessen kann, weil aus der eh nichts wird,
dann ist das wiederum dummes Zeug. Woher weiß Frau Hildebrandt das? Google ist
schon toll: Man kann da herausbekommen, dass gar nicht wenige der ehemaligen
Kandidatinnen von Germanys Next Topmodel tatsächlich modeln. Hätten Sie es
gewusst, Frau Hildebrandt?
Der Sendung kann
man vieles vorwerfen, aber die Erfolge sind gar nicht schlecht. Andere
Casting-Shows schneiden schlechter ab. Natürlich auf die Menge der
Bewerberinnen gerechnet, ist der Erfolg am Ende als Model sein Leben bestreiten
zu können, höchst unwahrscheinlich. Das ist aber, sagen wir mal, in den Geisteswissenschaften
nicht anders. Wie viele Bewerbungen auf eine kleine Stelle im wissenschaftlichen
Mittelbau einer geschichtswissenschaftlichen Fakultät! Da wird schamlos mit den
Träumen junger Wissenschaftler gespielt, die tatsächlich glauben, am Ende wären
Sie der nächste Top-Professor. Wenn Sie irgendwo eine Dissertation herumliegen
sehen, vergessen Sie den Namen des Verfassers!
Die Proteste,
die die Finalsendung begleiteten, stellten – etwas zu langweilig vielleicht – das
verkorkste Schönheitsideal in den Mittelpunkt, das die Show in die Köpfe aller
Mädchen hämmere. Und zugleich diese wahnwitzige Botschaft, jede könne das
schaffen, wenn sie hart an sich arbeite – nun ja, da sollten sich die Kritiker
mal einigen, ob die Sendung transportiere, jede könne es schaffen oder
überhaupt keine. Das ist jedoch gar nicht mein Thema. Es geht mir um die
Träume. Man darf das niemanden übelnehmen, der Traum Model zu werden, erscheint
greifbar. Warum nicht das träumen? Oder von einer Professur? Und für manche
wird der Traum ja wahr. Und diesen Traum würde ich unbedingt verteidigen, da
ist sie wieder die Phantasie Kierkegaards, die das Unwahrscheinliche fordert!
Aber das
System nutzt nun all die aus, die auf der Strecke scheitern. Dass mit den
Träumen gespielt wird, ließe sich – ebenfalls etwas zu langweilig – sagen. Was heißt das? Die Träume werden eine
Zeit lang – eine halbe Staffel oder zwei Semester – extrem befeuert, am Leben
gehalten und dann zum Platzen gebracht. Und vom zerplatzten Traum lebt Pro7,
nicht von der Gewinnerin, Stefanie war ihr Name übrigens.
Frau
Hildebrandt findet schließlich noch einen anderen Aufreger: Es geht doch nur um
Marketing und PR bei diesem ganzen Sendeformat. Modeln und Marketing, also
bitte, was soll das denn jetzt? Da zitiere ich Wolfgang Joop: „Du läufst, als
hättest du ein Holzbein, das du aber nicht dabei hast.“
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