Henning stand in seinem Wohnzimmer und wartete. Er hätte sich setzen können, das dunkle Sofa, ein Dreisitzer, war noch da, der Umzug sollte in vier Wochen sein. Aber Henning wartete stehend, das war sein Protest gegen diese gesamte dämliche Aktion. Jetzt muss ich hier warten und stehe mir die Füße platt, dachte er. Aber da läutete es schon, viel zu pünktlich, er hätte also gar nicht warten brauchen. Auch das ärgerte ihn. Nun hatte ich nicht einmal Zeit mich kurz hinzusetzen, dachte er und ging zum Türöffner.
Luisa stellte
sich vor, sie hatten ja telefoniert. Er koordinierte die Nachmietersuche, die
Vermieter hielten sich heraus, sie wollten weder warten, noch pünktlich da
sein. Sie wollten Luisa nicht durch die Wohnung führen und auch keine anderen
möglichen Nachmieterinnen und Nachmieter. Luisa hatte sich vorgestellt, und
Henning führte sie nun durch die kleine Dachgeschosswohnung, so sparte er am
Ende einen Monat doppelte Miete, den er sich kaum leisten konnte. Sofort war er
freundlich: „Schau dich in Ruhe um. Allzu groß ist es ja nicht. Deshalb ziehe
ich auch aus, mit meiner Freundin in was Größeres.“
Luisa: „Für
mich ist es groß. Die erste eigene Küche – die bleibt drin, oder? Ein eigenes
Bad. Für die erste Studentenwohnung fast zu groß. Und das Haus ist echt schön,
ich mag ja Altbau.“
Henning: „Klar,
alt ist schön, wenn es nicht so alt aussieht.“
Henning zeigte
das Wohnzimmer, das Bad, sprach über Nebenkosten und dass er die Hausordnung
nur selten eingehalten habe.
Luisa: „Das
Parkett ist toll!“
Henning: „Laminat.“
Luisa: „Toll“
Henning: „Ja.“
Sie
verabschiedeten sich. Luisa wollte die Wohnung gerne haben, sie war die vierte Interessentin. Es war nicht schwierig jemanden zu finden, renovierter Altbau, die
Nähe zur Uni, der Preis war in Ordnung. Henning sagte: „Alles klar, wenn du die
Wohnung haben willst, schreib mir nochmal deine Telefonnummer auf. Die
Vermieter melden sich dann bei dir. Die wollen dich vorher gerne kennenlernen
und entscheiden dann, die wohnen ja unten im Haus.“
Luisa: „Gab es
da eigentlich mal Probleme. Vermieter im Haus, da muss man ordentlich sein,
oder?“
Henning: „Nein,
keine Ordnungsprobleme. Die sind eher, na ja, ziemlich cool, Medienleute. Wohnen
und wohnen lassen.“
Sie verabschiedeten
sich noch einmal. Luisa fuhr mit dem Fahrrad davon. Henning ging nach unten zu
Cornelia und Stefan, die Vermieter, die das gesamte Erdgeschoss der
Gründerzeitvilla bewohnten. Bericht erstatten.
Henning:
„Jetzt war Luisa eben da. Die hat auch Interesse an der Wohnung.“
Stefan:
„Und wie war die?“
Henning:
„Was meinst du bitte? Ich habe ihr das Schlafzimmer nur kurz gezeigt.“
Stefan:
„Aber du hast doch einen Eindruck von ihr.“
Henning:
„Das war heute Wohnungsbesichtigung, nicht Nachmieterinnenbesichtigung. Nett
war die.“
Cornelia:
„Wir wollen das nur wissen. Denn die letzten, die du angeschleppt hast,
die gingen gar nicht.“
Stefan:
„Gar nicht.“
Cornelia:
„Dieser Ramon, oder wie der hieß, kam hier im Sakko mit dem BMW vom Papa. Das
geht gar nicht.“
Stefan:
„Nein, gar nicht.“
Cornelia:
„Und diese Marie, die hatte gleich den ganzen Vater mitgebracht. Der wollte die
Details besprechen. Ich wollte dem schon sagen, er soll kurz im Auto warten.
Das hat ja keinen Zweck.“
Stefan:
„Überhaupt keinen.“
Cornelia:
„Und trotzdem lädt man die ja auf einen Kaffee ein, das war total verschenkt. Und von dieser Lina brauchen wir gar nicht reden. Alleinerziehende Mütter, super, muss ja nicht immer Familie sein. Aber da oben? Mit zwei kleinen Kindern. Geht gar nicht. Wie denkt die sich das? Sagte noch, dass könne sie ja entscheiden, ob das geht. Das muss man sich dann anhören. War
diese Luisa in Ordnung?"
Henning
sah auf die alten Holzdielen, die hier im Erdgeschoss lagen: „Ja, ich denke
schon. Sie hat gedacht, der Fußboden oben sei Parkett.“
Cornelia:
„Parkett? In einer Studentenwohnung verlegen wir doch kein Parkett. Noch so
eine. Was denken die denn? Nein, die Wohnung möchte ich nicht, meine
Studentenwohnung muss einen Kirschparkettboden haben, oder was?!“
Stefan: „Oder Eiche."
Henning:
„Sie will die Wohnung ja.“
Cornelia:
„Aber sie mäkelt gleich am Boden herum. Laminat ist nicht edel genug.“
Henning:
„Doch, ist edel genug, ganz edel.“
Stefan:
„Dann soll sie selbst Parkett verlegen da oben.“
Cornelia:
„So ein Blödsinn. Weißt du, Henning, wir machen uns da die Mühe, nur damit du
früher aus der Wohnung kommst. Wir haben mit den letzten beiden Kandidaten
einen ganzen Samstag verplempert. Zwei Stunden war dieser Ramon da. Ich kann
mir auch etwas Schöneres vorstellen an meinem Wochenende.“
Henning:
„Natürlich, aber, naja, das ist doch nicht mein Problem.“
Cornelia:
„Genau, es ist unser Problem, weil du den Monat Miete sparen willst – ist ja
auch in Ordnung, hatten wir immer gesagt, stehen wir zu –, aber jetzt kommt
wieder so eine Luisa und beschwert sich über das Laminat. Das machen wir echt
nur dir zuliebe.“
Henning:
„Ja, großartig. Wollt ihr denn Luisas Nummer haben. Oder soll ich sie anrufen,
wer Laminat mit Parkett verwechselt, ist leider raus.“
Stefan:
„War das ein Witz?“
Henning:
„Nein, ein Quiz, das Fußbodenbelagquiz.“
Henning wollte
zur Tür gehen, er steckte den Zettel mit der Nummer in die Hosentasche. Cornelia
fasste ihn an der Schuler und sagte: „Wir wollen doch nur einen ganz normalen
Studenten. Der hier hinpasst.“
Stefan: „Und
nicht so was Schnöseliges. Jemand, der eben ein bisschen locker drauf ist.“
Henning: „Wie
ihr!“
Stefan: „Das
kann doch nicht so schwer sein.“
Henning: „Ganz
locker.“
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