Fußball
ist großartig, großartigst, größtartigst. Man kann überhaupt nur
in supersten Superlativen über Fußball sprechen. Dass da jetzt Geld
geflossen sein soll, wo es nicht fließen sollte – aber so ist das
mit Flüssigkeiten eben, ob nun Geld fließt oder der
Flüchtlingsstrom, die fließen nun mal –, pfff, das interessiert
mich nicht. Ich lass mir mein Sommermärchen nicht verderben von
irgendwelchen schwärzlichen Kassen. Ich hab meine Deutschlandfahne
selbst bezahlt. Und die Quittung habe ich hier abgelegt, besondere
Ausgaben.
Fußball
ist die neue Politik. Lehrte man früher in Frankfurt politische
Theorie, lehrt man heute Fußball-Philosophie. Man geht mit
„Nietzsche ins Stadion“, lernt vor dem Spiel systemische Aspekte
des Fußballs und vertieft sich in die Motivationspsychologie in der
Kabine. Sollen die doch lieber Fußball spielen, statt sich in echt
den Arsch vollzubomben. Auch der Bombenschuss ist harmlos. Alles
harmlos. Da dürfen ja seit zehn Jahren wieder deutsche Fahnen wehen,
weil hier gehört er hin, der Patriotismus, wo er nichts tun kann, wo
im allerschlimmsten Fall der Fälle nach dem Länderspiel der
provokant am Baguette knuspernde Franzose eine Bierflasche an den
Kopf bekommt, aber dann stehen da schon Ordner, die trösten. Wer
samstags ab halb vier anderthalb Stunden lang Fahnen schwenkt, Bier
säuft und „Borussia, Borussia“ brüllt, ist am Montag Abend noch
viel zu heiser, wenn die PEGIDA-Kundgebung stattfindet. Fußball ist
großartig.
Ich
durfte nun das Fußball-Museum in Dortmund besuchen. Fußball ist
Kunst, ist Leben, ist Philosophie, ist Religion. Ein Museum ist
absolut notwendig, um sich über den entscheidenden Teil deutscher
Geschichte gesellschaftlich verständigen zu können. Und zum Glück
ist Fußball so harmlos, musste ich schon zum ersten Mal denken, als
ich am Spind stehend – ich verstaute gerade Kutte, Fahne und
Sechserträger – die deutsche Nationalhymne hörte.
So
häufig habe ich überhaupt selten an einem einzigen Tag Teile der
deutschen Nationalhymne vernommen, gegen die ich, das möchte ich
festhalten, nichts einzuwenden habe. Es fiel mir dennoch auf.
Auch
gegen pathetische Musik und große Momente auf großen Leinwänden
habe ich nichts einzuwenden. Die deutsche Geschichte muss wohl in
dieser Größe präsentiert werden. Und ich gebe gerne zu, das ich
für diese Stimmungen allzu empfänglich bin, Schweinsteigers Blut im
Endspiel, als habe er für uns gelitten.
Schön
wäre es gewesen, wenn das Museum nach diesen Bedeutungen des
Fußballs in irgendeiner Weise gefragt hätte, statt sie noch einmal
zu inszenieren. Schön wäre es auch gewesen, die winzigen
problematischen Punkte, eigentlich Pünktchen oder Pünktelchen, in
angemessener Weise darzustellen: War da was in den späten 1930er
Jahren? Natürlich, haben wir auf einer kleinen Tafel hinten an der
Wand, steht alles drauf, Hitler, Nationalsozialismus, einfach alles.
Oder man zeigt einfach die Trophäen, die Helden, die großen Momente
in unseren vier großen Jahren, während im Hintergrund die
Nationalhymne dudelt. So simpel kann Museum sein.
Fast
hatte ich den Eindruck, es wird in Zukunft ausreichen, die
ankommenden syrischen Flüchtlinge jeweils in einen Deutschkurs und
in unser Fußballmuseum zu stecken. Mehr deutsche Integration geht
überhaupt nicht.
Schlecht
gemacht ist das Museum wirklich nicht, das kann ich nicht sagen. Aber
dass ich mir am Abend nach dem Besuch die deutsche Verdrießlichkeit
zurückwünschte, das fand ich überraschend.
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