Als kleiner Junge habe ich mich gewundert: Wieso heißt diese Farbe „Gold“, wenn es „Gelb“ ist. Gold ist anders, ich kannte Schokoladentaler, die waren golden. Die Fahnen waren gelb, ohne Ausnahme. Wäre Hans-Ulrich Wehler mein Vater gewesen, hätte er mir sicher erläutert, dass die Fahne untenherum zwar fälschlich ziemlich gelb aussieht, so aber keinesfalls bezeichnet werden dürfte. Das Goldene als schmutziges Gelb zu verunglimpfen, das hatte Goebbels getan. Nun ist zwar überall Tiefschwarz, Verkehrsrot und Rapsgelb zu sehen, aber die Fahne heißt Schwarz-Rot-Gold. Für manchen sowieso ein zweifelhaftes Vergnügen diesen Farben nun überall zu begegnen.
Allzu viele
Fahnen waren es in meiner Kindheit noch nicht, die mir im Alltag begegneten. Wo
waren Fahnen? Jemand im Dorf hatte aus lauter patriotischen Urlaubsgefühlen eine
schwedische Fahne aufgestellt. Deutschlandfahnen sah ich, wenn wir eine
Schrebergartenkolonie besuchten, wo Verwandte einen Garten besaßen. Dort
gehörte sie hin. Schrebergarten mit Zwerg, akkurat gemähter Rasen mit Fahne. Das
sind – zugegeben – behagliche Erinnerungen an die Kleinkindheit.
Ansonsten sah
ich Deutschlandfahnen oder Fähnchen und Wimpel auf Campingplätzen, wenn ich
mich recht erinnere. Camping mit Wohnwagen, das war der Urlaub für den
Kleinbürger. Jedenfalls besaß es diesen Ruf: Wohnwagen auf Campingplatz dort
abstellen, wo deutsch gesprochen wird, Fähnchen raus, Sichtschutz aufstellen,
künstlicher Rollrasen vor den Eingang, Blumentöpfe aufhängen, Bild-Zeitung vom Kiosk holen,
ein mürrisches „Moin“ oder „Tschau“ je nach dem. Klischees natürlich.
Mittlerweile vermittelt
Camping – daneben – längst ein anderes Bild: Unabhängigkeit, Einfachheit,
Langsamkeit, „echter“ Urlaub, „echtes“ Reisen. Urlaub ist eine merkwürdige
Zeit. Ist der Urlaub ein geistiger Ausnahmezustand und deshalb etwas „ganz
Anderes“? Was sonst spießig und verschroben wäre, gilt im Urlaub also nicht. Oder
richtet man sich im Urlaub gerade so ein, wie man es immer täte, wenn man
könnte? Da verliert der Urlaub seine Unschuld. Der Manager im Kloster wird von
einer Auszeit sprechen. Aber richtet sich der Manager dort nach den Prinzipien
eines geistlichen Lebens oder richtet sich das Kloster eher nach den Prinzipien
des Kapitalismus, wenn der ausgebrannte Kapitalist wieder „fit gemacht“ wird?
Nun also
Urlaubszeit und Fußballzeit. Ich werde Fahnen schwenken (deutsche) und Urlaub machen.
Hier im Blog ist bis Anfang August eine Pause. Ich wünsche meinen Leserinnen
und Lesern einen schönen Sommer!
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