Spaß am
Verkleiden: In Köln denkt man, das kennen alle. Verkleiden ist doch toll. Ja
genau, zumindest mal für Kinder und Kölner. Und für die Real Life Super Heroes.
Die Ästhetik dieser Helden ist in gewisser Weise sehr beeindruckend. Einige
haben sich im so genannten „The Real Life Super Hero Project“
zusammengeschlossen und kopieren dort den Stil der, tja, unechten Super-Heroes,
also der Comicvorbilder.
Bei diesem Super-Hero-Projekt
spielt die Darstellung eine große Rolle. Die Poster in der Galerie sollen
aussehen wie Kino-Poster. Das gelingt dem einen besser, dem anderen schlechter.
Jedenfalls ist ein starker Hang zur Ästhetisierung zu erkennen. Warum, so
könnte man fragen, will eigentlich jemand aussehen wie eine Comic-Figur?
Klar, die
Comic-Helden strahlen in die Kindheit hinein. Wer ist stärker, Papa, Superman
oder X-Man? – Ähhh, also Superman war eigentlich der allerstärkste. – Dann bin
ich Superman!
Das sind
Identifikationsfiguren. Psychologen nach vorne: Könnt Ihr mir erklären, warum
es reizvoll ist, sich einzubilden, ein Superheld zu sein, oder Superheld zu
spielen? Ach so, dafür wird gar kein Psychologe benötigt. Und für die Real Life
Superheroes hat die Verkleidung ja auch einen Nutzen. Aber wieso ausgerechnet
Comic-Helden? Könnte man sich nicht einfach als Angela Merkel verkleiden und
den Müll aufsammeln. Oder mit Joachim-Gauck-Maske und Pfefferspray mitten
hinein in eine Schlägerei? Für die Freiheit!
Dahinter steht
der Wunsch, die Ästhetik einer fiktionalen Welt in die echte Welt zu
transportieren. Es sind also nicht allein Rollenvorbilder, sondern ästhetische
Vorbilder, die da nachgeahmt werden. Und warum auch nicht? Das Triste und
Banale des Alltags soll mit dieser Stilisierung überwunden werden.
Das ist gar
nicht neu. Besonders bekannt ist in Deutschland vielleicht das Schloss
Lichtenstein, in Baden Württemberg, das auf Anregung eines Romans von Wilhelm
Hauff wieder aufgebaut wurde. Die Burg, die dort einmal stand, war im 19.
Jahrhundert längst zerstört, sie spielt aber im Roman „Lichtenstein“ eine
bedeutende Rolle. Der sogenannte Historismus ist hier weniger Wiederaufbau
historischer Gebäude, sondern vielmehr Nachempfindung eines Historienschmökers.
Oder das berühmteste Beispiel dieser Art natürlich: Neuschwanstein. So sah doch
niemals eine echte deutsche Ritterburg aus! Was hat er da gemacht? Nein, da
hatte er Wagner im Kopf, als Ludwig die Pläne absegnete.
Aus dem Roman auf die schwäbische Alb: Schloss Lichtenstein. Bild von donald auf Wikimedia.
Und als vor
ein paar Jahren der Neuseeland-Hype durch die „Herr der Ringe“-Filme ausgelöst
wurde, standen die Touristen enttäuscht im Auenland – nicht einmal Reste der
Hobbit-Häuschen haben die Wissenschaftler bis heute gefunden.
Im 19.
Jahrhundert liegt es auf der Hand die Ritterromantik unter anderem (!) als eine
Reaktion auf die Industrialisierung zu deuten: diese Städte, diese
Beschleunigung, all das Neue. Dann lieber eine Ritterburg bauen wie im Märchen.
Und heute die Comicmasken? Und gerade nicht Merkel oder Gauck? So einfachen
Kompensationserklärungen sollte man wahrscheinlich misstrauen.
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