Die
Beobachtung ist nicht besonders originell: Im Internet kann jeder
seinen Senf zu jedem Würstchen dazugeben. Alle Dinge, so scheint es,
sinken im Netz zum reinen Gesprächsanlass herab. Sie sind nur noch
dafür da, eine Meinung äußern zu können. Und wenn ich solche
Aussagen hier nun gleich wiederhole, wiederhole ich das Unnötige,
das Überflüssige, das Un-un-unbrauchbare.
Ich
lese Thomas Mann nicht gerne. Den „Zauberberg“ zum Beispiel mag
ich nicht. In Gesprächen habe ich das auch dem einen oder anderen
mitgeteilt – ob das jemanden interessiert hat, weiß ich nicht, die
gerunzelten Stirnen sind vergessen. Darüber schreiben würde ich
allerdings nicht, wenn ich es nicht gerade getan hätte. Meine
persönliche kleine Antipathie, wofür soll die gut sein? Mich hat
auch keiner danach gefragt.
Ach
so, stimmt nicht, denn Amazon fragt mich. Da könnte ich also auf die
Idee kommen, dass das irgendjemanden interessiert, was ich zu einem
Klassiker der Weltliteratur meine – in dem Wissen, dass meine
Meinung so jedenfalls nur eine Meinung ist und ich vielleicht auch
nicht der Literaturkritik letzten Schluss über Manns Romane äußere,
wenn ich rachegewillt, nach einem langweiligen Abend, der mit seinem
Buch endete, Herrn Mann mit einem Sternchen abstrafe.
Oder
mit „Loewendoros“ Worten: „Was
am "Zauberberg" aber verzaubern soll, kann ich nicht
verstehen. Und wenn ich mich mit einem Buch rumquäle, wo es soviele
Bücher gibt, die lesenswert sind, ist mir meine Zeit dann doch zu
schade, um sie mit Hans Castorps Fieberkurve zu verbringen.
Ich hoffe nur, ich komme deshalb nicht ins Literaturfegefeuer!“
Ich hoffe nur, ich komme deshalb nicht ins Literaturfegefeuer!“
Über
das „Literaturfegefeuer“ weiß ich nichts, aber wenn hier schon
mal die geistlichen Autoritäten aufgerufen sind, zitiere ich gerne
Jesus von Nazareth:
„Ich sage euch aber, daß die Menschen müssen Rechenschaft geben
am Jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie
geredet haben.“ Da kann man ja nur hoffen, dass anonyme Äußerungen
im Netz nicht gemeint sind.
Denn
was schreibt Kaddi Kattubi über Kafkas „Proceß“:
„Zuerst
dachte ich noch, es wäre doch genial, wenn Kafka dem Mann Josef K.
am Ende eine Paranoia anhängt und sich alles nur aufgrund des
Verfolgungswahns und geistiger Umnachtung ausgedacht hätte.
Dem
war aber leider nicht so.“
Ahh,
so hätte es also was werden können mit dem literarischen
Durchbruch. Danke für den Hinweis, aber als hätte Kafka geahnt,
dass der „Proceß“ nichts taugte, wollte er ihn doch eigentlich
nie veröffentlichen, nicht wahr, Mazda:
„Lächerlich
finde ich, dass viele Stellen so verwirrend sind, dass sie keiner
eindeutig interpretieren kann. Teilweise fragt man sich, ob überhaupt
der Autor selbst wusste, was er damit sagen will.
Die persönliche Einstellung von Kafka dieses Werk nie zu veröffentlichen, war daher, meiner Meinung nach,die Richtige.“
Die persönliche Einstellung von Kafka dieses Werk nie zu veröffentlichen, war daher, meiner Meinung nach,die Richtige.“
Andere
Leser dagegen können dem „Proceß“ vielleicht noch etwas abgewinnen,
aber Kafkas „Schloß“? Nun ja, nun ja, die durchaus
differenzierte Ansicht von Da..Ko:
„Alles
in allem ein gutes Werk, dass man empfehlen kann, doch Kafka in
"Höchstform" ist es leider nicht.“
Und
wirklich jeder ist mal dran. Es gibt eine insgesamt gerechte
Verteilung der überflüssigen, dummdreisten Urteile über alle
Autoren von Rang. Tiecks „Hexensabbat“, das ich hier im Blog
gerade so begeistert erwähnte, kann M. Stier leider nichts
abgewinnen, obwohl er es sogar kostenlos auf seinem Kindle lesen
durfte:
„ich
habe das Buch nach einer halben Seite vom Kindle geschmissen. Die
Sätze sind teilweise eine halbe Seite lang und schwer
nachzuvollziehen. Klar, dass das Buch kostenlos zum Runterladen
ist!!!“
Dieses
alte Zeug aber auch. Da ist man schon einmal bereit sich auf Texte,
oder wie das heißt, einzulassen, ohne Bildchen, ohne Liedchen, ohne
Drumherumchen. Und dann machen die es einem so schwierig, bekommen
die einfachsten Handlungsmotivationen nicht auf die Kette, wie ein
Kunde über den „Sandmann“ weiß:
„der
sandmann ist eine kurzgeschichte, die mich nicht vom hocker gerissen
hat. nathanael beginnt leider zu spinnen und sich in eine holzpuppe
zu verlieben, anstatt ein glückliches leben mit clara zu
verbringen.“
Und
natürlich ist es ein Missverständnis zu denken, solche Rezensionen
sagten irgendetwas über die Literatur aus, über manches
vielleicht, aber nicht über die Literatur, die hält nur her, als
Gesprächsanlass, Druckablass, so jedenfalls verstehe ich, um damit
zu schließen, sinex85:
„Nathan
der Weise, ist wieder eines dieser Bücher, die ich persönlich
niemals aus freien Stücken lesen würde. Es ist eines jener Werke,
die man in meinen Augen missbraucht um angehende Abiturienten zu
quälen :-( und ihnen die Lust am Lesen zu verderben.“
Nein, ich hatte ich gar nicht gefragt.